Meisterausbildung
Der Meister als Qualitätsmarke
Meisterstücke mit Persönlichkeit und Charakter - 2023
Meisterkurs im Drechsler- und Holzspielzeugmacherhandwerk: Teilnehmerinnen und Teilnehmer präsentierten in Bad Kissingen ihre Meisterstücke.
(Von Nadine Heß)
Während draußen auf dem Flur die letzten Berufsschüler zum Unterrichtsbeginn in ihre Klassen eilen, ist die Stimmung im Mehrzweckraum der Berufsschule Bad Kissingen ruhig, aber gespannt. Hier steht heute für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des aktuellen Meisterkurses unter Leitung von Wolfgang Miller im Drechsler- und Holzspielzeugmacherhandwerk das Fachgespräch an, bei dem sie dem Prüfungsausschuss ihre Meisterstücke präsentieren.
Kombination für die Küche
Takayo Miura ist vorbereitet. Auf dem Präsentationstisch vor ihr liegen verschiedene Küchenutensilien, alle handgedreht und alle einsatzbereit. „Meine Meisterstücke kommen nach Abschluss des Kurses in meiner Küche zum Einsatz“, erzählt sie und zeigt unter anderem auf eine Küchenwaage, einen Messbecher und ein Mehlsieb. Für jedes einzelne Stück hat Takayo Miura von Hand eine detailgetreue technische Zeichnung angefertigt. Ihre Stücke aus hochwertigen Hölzern wie Ahorn und Ovankol, einem dunklen afrikanischen Tropenholz, verbinden Design und Funktion optimal miteinander. Was das heißt, wird beispielsweise an der Kurbel deutlich, mit der das Mehlsieb angetrieben wird. „Mein Freund ist Linkshänder, weshalb man die Kurbel auch versetzen und mit der anderen Hand bedienen kann“, erklärt sie. Die 28-jährige Japanerin kam 2015 über ein Austauschprogramm nach Deutschland. In ihrer Heimat hatte sie im Rahmen eines Innenarchitekturstudiums bereits Erfahrungen im Möbelbau gesammelt. „In Schleswig-Holstein habe ich dann 2016 eine Ausbildung zur Tischlerin absolviert und die Ausbildung zur Drechslerin in Bremen angeschlossen“, berichtet sie. Die Chancen, die eine duale Ausbildung in Deutschland bietet, hat die Japanerin bis zum Meistertitel für sich genutzt: Als Bundessiegerin in der Deutschen Meisterschaft im Handwerk erhielt Takayo Miura ein Weiterbildungsstipendium und investierte die Fördersumme direkt in die Weiterbildung zur Meisterin im Drechslerhandwerk. Mit dem Meistertitel kehrt sie nun in ihren Wohnort nach Bremen zurück, wo sie ihr Handwerk weiter perfektionieren möchte.
Perfekte Präsentation
Perfektion und Maßgenauigkeit stehen auch für Kaspar Straub beim Drechseln im Vordergrund. Er ist an diesem Tag mit seinen 65 Jahren der älteste Prüfungsteilnehmer und präsentiert selbstbewusst eine mehrstöckige Vitrine. „Die Herausforderung an diesem Meisterstück waren verschiedene Drehtechniken und die Bearbeitung der edlen Holzarten“, beschreibt er. Eine Aufgabe, für die Kaspar Straub als selbstständiger Schreinermeister zumindest das handwerkliche Geschick bereits mitbrachte. Durch den Meisterkurs in Bad Kissingen habe er sein Können sowie unterschiedliche Drehtechniken noch perfektionieren können. „Die Weiterbildung zum Meister im Drechslerhandwerk habe ich für mich selbst gemacht. Ich wollte aber auch dem Handwerk insgesamt etwas zurückgeben“, erzählt der 65-Jährige, der sich auch jetzt noch auf neue, spannende Aufgaben freut. Ähnlich geht es auch Mario Nagel, 51 Jahre alt, aus dem Salzburger Land, der sich mit der Weiterbildung zum Meister einen persönlichen Traum erfüllt hat. „Ich habe als Hobbydrechsler begonnen und stehe heute hier vor meinem Meisterstück“, berichtet der Österreicher stolz. Das ist eine außen schlicht gehaltene Vitrine, in der in Kürze wie bei seinem Kurskollegen Kaspar Straub besondere Unikate, die an der Drehbank entstanden, präsentiert werden sollen.
Die Meisterstücke des aktuellen Meisterkurses im Drechslerhandwerk zeigen an diesem Tag nicht nur das Können und Fachwissen der angehenden Meisterinnen und Meister, sondern vor allem deren Persönlichkeit und Charakter – und jedes einzelne erzählt seine eigene Geschichte.
Renaissance eines außergewöhnlichen Handwerks
Durch das Engagement des Bundesverbandes des Drechsler- und Holzspielzeugmacherhandwerks sind Meisterkurse bundesweit wieder gefragt. Ehrenamtliche Innungsdrechsler aus ganz Deutschland haben sich zudem dafür eingesetzt, dass das Drechslerhandwerk in die bundesweite Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen und 2020 rückvermeistert wurde. Erste Erfolge dieser Maßnahmen zeigen sich bereits in leicht steigenden Meisterprüfungs- und Ausbildungszahlen.
Bildunterschrift:
Haben den Meisterkurs im Drechsler- und Holzspielzeugmacherhandwerk in Bad Kissingen erfolgreich abgeschlossen (v. l.): Mario Nagel, Takayo Miura und Kaspar Straub. Fotos: Nadine Heß, Jens König, Wolfgang Miller
Meisterprüfungs-Vorbereitungskurs in Bad Kissingen
Der Verband des Deutschen Drechsler- und Holzspielzeugmacherhandwerks bietet ab März 2020 wieder einen Meisterprüfungs-Vorbereitungskurs in Bad Kissingen an.
Der Meisterkurs teilt sich in drei große Fachgebiete: „Gestaltung und Fachtechnik“, „Betriebsführung und Betriebsorganisation“ und „Auftragsabwicklung“. Der erste Bereich beinhaltet alle fachtheoretischen Themen: Grundlagen der Drehtechnik, Entwicklung der Drehbank, alle Fertigungsmethoden an der Drehbank, Drehen und Drehtechnik, Sondertechniken, historische Techniken, neue Techniken, Holzaufbau, Materialkunde und Materialempfindung. Diese technischen Themen werden durchgehend vom zweiten Themenbereich, Grundlagen der Gestaltung, begleitet. Dazu gehören auch das Zeichnen sowie das Erlernen von Kenntnissen über Entwurf, Proportionen, Produktgestaltung, Darstellungstechnik und Farblehre. Außerdem wird hier der Prozess von der Findung einer Idee, über deren Weiterentwicklung bis hin zur Formgebung und deren Auswirkungen auf das Produkt beleuchtet.
Der zweite Themenbereich, „Betriebsführung und Betriebsorganisation", befasst sich mit Materialbeschaffung, Lagerung, Arbeitsablauf, Betriebstechnik, Arbeitsplanung, Nachkalkulation, Rationalisierung, und dem sicheren Arbeiten an Holzbearbeitungsmaschinen.
Mit der DGUV Vorschrift 2 gibt es seit dem 1. Januar 2011 erstmals für Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand eine einheitliche und gleich lautende Vorgabe zur Konkretisierung des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG). Wir vermitteln den Kursteilnehmern die Gesetzesgrundlagen, sowie die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen.
Im dritten Teil, der Auftragsabwicklung, werden alles was zur Kalkulation gehört und Themen wie Auftragsannahmen und Auftragsdurchführung bis zur Auslieferung, bearbeitet. Zeit- und Kostenerfassung in der Werkstatt, Nachkalkulation und die Berechnung des Stundensatzes werden ebenso anhand von praktischen Beispielen berechnet und geübt. Kenntnisse mit dem Programm Excel sind notwendig.
Der Ablauf des Kurses ist so geplant, dass Vormittags die theoretischen Inhalte behandelt und nachmittags praktische Übungen nach Vorgaben an der Drehbank gedreht werden. Es beginnt immer mit feinen Profilübungen, dann verschiedenen Drehtechniken in Lang- und Querholz. Selbstverständlich werden die Fertigkeiten und Wünsche der Teilnehmer berücksichtigt und nach Möglichkeit auch in den Unterricht einbezogen. Der Kurs bereitet nicht nur auf die Meisterprüfung vor, sondern gibt auch Hilfestellung, um den Anforderungen der zukünftigen Märkte gerecht zu werden.
Meisterkurse werden vom Bund und den Ländern gefördert. Ebenso gibt es Prämien für hervorragende Prüfungsergebnisse.
Meister im Handwerk - 26.09.2019
Wie man Aufstiegs-BAföG beantragt und wer es bekommt.
Meister-BAföG steigt: Wichtige Fragen und Antworten -> [ klick ]
Weitere Informationen, Termine, Kosten und Anmeldung bei:
Wolfgang Miller
Meisterstückprojekte 2015 im Drechslerhandwerk an der Staatlichen Berufsschule Bad Kissingen:
Alle zwei bis drei Jahren findet an der Staatlichen Berufsschule Bad Kissingen zusätzlich zur Grundausbildung ein Meisterkurs für das Drechslerhandwerk statt. Die Kursteilnehmer kommen aus ganz Deutschland sowie aus Österreich zu mehreren Blockunterrichtseinheiten nach Bad Kissingen, wo sie an den Drehbänken der Drechslerwerkstatt neue Techniken und Dreharbeiten gezeigt bekommen. Um die erlernten Techniken zu üben, erhalten sie umfangreiche Lehrgangsmaterialien mit Arbeitsaufträgen, die dann zum größten Teil in Eigenstudium erarbeitet werden müssen.
Im Januar 2015 legten vier Teilnehmer die Meisterprüfung erfolgreich ab.
Die Meisterprüfung setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Teil 1 besteht in der Projektarbeit und der Situationsaufgabe, Teil 2 beinhaltet die theoretischen Kenntnisse wie Gestaltung und Fachtechnik, Betriebs-führung , Betriebsorganisation und Arbeitsplanung.
Die Bezeichnung Projektarbeit, früher Anfertigung des Meisterstückes, wird ihrem Namen gerecht, denn hier werden, außer der Anfertigung des Meisterstückes, umfangreiche schriftliche Ausführungen in einer Präsen-tationsmappe zusammengestellt.
Die Mappe umfasst die eidesstattliche Erklärung, Werkstattnachweise, alle Entwurfsskizzen einschließlich einer Präsentationszeichnung und die dazugehörige Entwurfsbeschreibung sowie die komplette Vorkal-kulation mit Zeitangaben, allen Materiallisten, Eingangsrechnungen und das Angebot an den Kunden. Der Fertigungsablauf mit Zeittafel wird mit Bildern schrittweise dokumentiert. Präsentationsbilder mit allen detailgenauen Fertigungszeichnungen schließen die Mappe ab.
Die Situationsaufgabe dauert einen ganzen Tag. Es wird nach vorgegebener Zeichnung ein in sich fertiges Produkt hergestellt. Dies besteht immer aus Langholz- und Querholzdrehteilen.
Als Abschluss des ersten Teils der Meisterprüfung findet ein 30 minütiges Fachgespräch statt. Dies ist wie ein Verkaufsgespräch aufgebaut. So hat der Prüfling die Möglichkeit auf Feinheiten oder Besonderheiten seiner Projektarbeit hinzuweisen. Die Prüfungskommission stellt dann fachliche Fragen. Die drei Fächer im Teil 2 werden in je 120 Minütigen schriftlichen Klausuren geprüft.
Informationen zum nächsten Meisterkurs finden Sie auf dieser Webseite.
Eine kurze Beschreibung der Projektarbeiten 2015:
Präsentationsschrank für Tabakspfeifen von Felix Beiersdörfer aus Coburg.
Dieses Schränkchen wurde aus Palisanderholz mit schwierigen Drehtechniken hervorragend ausgeführt: Es zeigt trommelgedrehte Schubladenvorderseiten, kantig gedrehte Rahmenteile und oval gedrehten Orna-mente. Unscheinbar und leicht wirken die beiden Türen mit perfekt gebogenen Acrylglasfüllungen. Nur wer Plexiglas schon mal gebogen hat, weiß die hier gezeigten Fertigkeiten wirklich zu schätzen. Das gesamte Innenleben, ein Rondell, ist drehbar, um allseitig alles gut zu erreichen. Für die Aufbewahrung des Tabaks wurden verschiedene Dosen gedreht, das Pfeifenzubehör findet in verschiedenen Schubladen seinen Platz. Alles wurde makellos und perfekt ausgeführt.
Messebesprechungstisch von Pascal Wurster aus Reutlingen:
Eiche geräuchert, das ist das Material für den Besprechungstisch. Dieses Ensemble kann mit wenigen Hand-griffen unkompliziert komplett zerlegt werden und ist einfach wieder aufzubauen.
Bequem können vier Personen an den herausklappbaren Sitzgelegenheiten Platz nehmen. Keine Sorge: Ein stabiles Innenleben aus Metall sorgt für die ausreichenden Stabilität und Sicherheit.
Auf der gewellten Tischplatte stehen Trinkgläser sicher und wackeln nicht. Interessant ist das haptische Erlebnis der Hände auf der Platte. Die Finger haben immer etwas zu fühlen und zu spüren.
Ruhestuhl, Beistelltisch und Tabletts von Samuel Danke aus Aachen
Die vier Möbelstücke bauen in Form und Gestaltung auf sein Gesellenstück auf und bilden im ganzen einen Produktfamilie.
Das helle, natürliche Leder wirkt im Kontrast zu dem dunklen, geölten Nussbaumholz nicht nur optisch, sondern auch haptisch sehr unterschiedlich. Hinzu kommt ein funkelndes, warmes Messing.
Die Möbel haben eine klare, reduzierte Gestalt.
Ein Stuhl, ist ein Gegenstand der wohl in unzähligen Möglichkeiten und Gestaltungsweisen geschaffen werden kann. Oft jedoch ist die Gestaltung an bestimmte Faktoren gebunden, die den Entwurf einengen, begrenzen oder in eine Richtung weisen.
Bei einem Stuhl sind diese Faktoren zum einen der Mensch, also der Nutzer. Das Möbel muss so gefertigt sein, dass der Benutzer es nutzen kann. Mit dem Faktor Mensch wird man in der Gestaltung auf ein bestimmtes Maß begrenzt, der Ruhestuhl folgt so gewissen Proportionsregeln die ein ganz bestimmtes Maß vorgeben, das menschliche Maß.
Die nächste Vorgabe ist die Funktion, auf einem Stuhl soll man sitzen. Dennoch gibt es unzählige Arten des Sitzens, da haben wir z.B. den Ruhestuhl, etwas gegeigt und bequem, den Sprossenstuhl, geradlinig und aufrecht oder gar den Klappstuhl zum Verstauen oder transportieren.
Allen diesen Faktoren musste ich mich beugen.
Dennoch hat mein Stuhl eine ganz eigene Gestalt, ich wollte ihn leben lassen. Er sollte zum Sitzen und Entspannen einladen, ein Buch zu lesen oder einzunicken. Er sollte reduziert sein, ohne „Schnickschnack“ das Wesentliche eines Stuhles verkörpern.
aschtisch „reduced“ von Philipp Schwarz aus Österreich
Bei seinem Entwurf handelt es sich um einen Waschtisch mit Spiegel und Rasierpinsel.
Die Waschtischplatte wird aus dunklem, europäischem Nussbaum gefertigt. Sie liegt auf einem Untergestell aus Kupferrohr. Auf der Nussbaumplatte steht eine Waschschale aus Beton. Links und rechts neben der großen Waschschale liegen etwas versenkt zwei kleinere, runde Schälchen, welche ebenfalls aus Beton gegossen sind. In der einen kleinen Schale befindet sich Rasierseife und in der anderen ein Stück Seife für Hände und Gesicht. Ein aus Nussbaum gedrehter Spiegel hängt über dem Waschtisch und bietet Hilfe beim Rasieren und Waschen. Ein aus dem gleichen Holz gedrehter „Steh-auf Rasierpinsel“ gehört auch zur Ausstattung. Abgerundet wird das Ganze von einer kupferfarbenen Mischarmatur.
„reduced“
Nicht nur die Optik der Waschgelegenheit, sondern auch deren Funktion sind namengebend für dieses Projekt. Klare Linien und die Entscheidung für schnörkellose Materialien sorgen für ein aufgeräumtes Erscheinungsbild. Holz, Kupfer und Beton geben sich Kontraste, aber wirken in Kombination doch stimmig und nicht kühl. Bei diesem Entwurf wurde bewusst auf Stauraum für Cremes, Düfte und eitles „Allerlei“ verzichtet. Das Wesentliche tritt in den Vordergrund. Hier kann man(n) sich rasieren und waschen, nicht mehr und nicht weniger. Die Reduktion befreit Körper und Geist von allen unnötigen Masken. Im Spiegel: ---ICH--!
Kleine unscheinbare Details machen dieses Projekt anspruchsvoll. Die Vertiefungen, in denen die kleinen Betonschälchen liegen, werden ausgedreht. Dieser Arbeitsschritt verlangt viel Präzision und Vorsicht. Der Rasierpinsel ist innen ausgedreht und am unteren Ende wird flüssiges Zinn, eingegossen. Dadurch wird er zum „Stehaufmännchen“. So kann das Dachshaar, ohne sich durch Herumliegen zu verformen, in Ruhe trocknen. Die Gussformen verlangen maßgenaues Arbeiten. Doch wenn Sie einmal fertig sind, können sie noch für viele weitere Güsse verwendet werden.