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Immaterielles Kultuererbe

Drechsler-10-CNC-Technik
Drechsler-01-Schlichten

Drechslerhandwerk ist immaterielles Kulturerbe in Deutschland

Unesco-Expertenkomitee in Berlin beschließt Neuaufnahme ins Verzeichnis – Hoffnung auf mehr Lehrlinge und Meister-Pflicht

 

Berlin/Fürth (pr) – Vorweihnachtliche Bescherung für die Zunft der Drechsler: Das Expertenkomitee der deutschen Unesco-Kommission in Berlin hat die Aufnahme ihres Traditionshandwerks ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes beschlossen. Es ist damit eine von bislang nur 97 hier eingetragenen „lebendigen Kulturformen“.

 

Initiiert hat die Bewerbung für die Unesco-Liste der Maßbacher Drechslermeister Wolfgang Miller.

Ein erster erfolgreicher Schritt nach zweijährigen Bemühungen war im März 2018 die Aufnahme ins Verzeichnis für den Freistaat Bayern. Der stv. Verbandsvorsitzende, der neben seinem 1745 gegründeten Betrieb auch die Ausbildung an der Berufsschule leitet, sieht ein wichtiges Ziel erreicht: „Wir sind eine kleine Berufsgruppe und werden oft nicht für voll genommen. Mit dieser Auszeichnung aber sind wir etwas Besonderes, finden in der Politik mehr Gehör und auch bei der Bevölkerung mehr Beachtung.“ Und selbst wenn der Kulturerbe-Titel nicht finanziell dotiert und nicht gewerblich nutzbar sei: „Er lässt mein Herz höher schlagen – es ist eine ganz wichtige Imagesache, diesen außergewöhnlichen Status zu bekommen!“ So hofft der 54-Jährige, dass dadurch die Kollegen wieder mehr Stolz auf ihren Beruf und Standesbewusstsein entwickeln und wieder mehr Auszubildende in

ihre Betriebe aufnehmen, um ihr Wissen an die nächste Generation weiterzugeben.“

 

Für Thomas Mörtel, der in Fürth die Geschäfte des Deutschen Drechsler- und Holzspielzeugmacherverbandes führt, die verdiente Würdigung eines jahrtausendealten Handwerks, „das von seiner Vielfalt und vor allem auch seiner künstlerischen Ader lebt“.

 

Erste Spuren dieser Technik des Drehens zur Bearbeitung rotierender Werkstücke aus Holz, Horn, Bernstein oder Elfenbein finden sich bereits vor 4500 Jahren in Ägypten. Heute wird sie in Deutschland vor allem in kleinen Betrieben bewahrt; gut 100 von ihnen sind im 1879 gegründeten Verband Mitglied, der seit 1973 in der Kleeblattstadt seinen Sitz hat. Franken gilt heute als eines der Zentren dieses Handwerks. Die Berufsschule in Bad Kissingen ist einer von nur noch zwei Standorten für die dreijährige Fachausbildung des Nachwuchses. Weil Lehrlinge rar sind, erwartet Verbandsgeschäftsführer Mörtel eine positive Initialzündung durch die Aufnahme ins Kulturerbe:

„Wir haben die große Hoffnung, dass wir mehr Interessenten finden und fördern können, um so die professionelle Gesellenausbildung bis zum Drechslermeister im Land erhalten zu können. Dies bedeutet Zukunftsfähigkeit und Erhalt von Qualität und Leistungsfähigkeit für den gesamten Beruf.“

 

Solche handwerklichen, aber auch gesellschaftliche Traditionen zu bewahren, ist eines der Ziele des Immateriellen Kuturerbes. Das Verzeichnis in Bayern zählt bis dato 37 Einträge, das bundesweite fast 100 – darunter das Flechthandwerk, das Köhler- oder das Reetdachdecker-Handwerk, aber auch Traditionen wie die Deutsche Brotkultur, das Bauhüttenwesen oder die Flößerei. Die jetzt bekanntgegebenen 18 Neuaufnahmen des Jahres 2018 sollen Mitte 2019 mit einer feierlichen Urkundenübergabe in der Bundeshauptstadt besiegelt werden.

 

Die Drechsler erhoffen sich durch den Kulturerbe-Titel auch mehr öffentliche Aufmerksamkeit für die moderne, anspruchsvolle Produktpalette der geschätzt 1000 deutschen Betriebe – sie reicht von kunstvollen Schalen und Leuchtern über Gebrauchsgegenstände wie Eierbecher und Pfeifen bis zu Schachfiguren und Drum-Sticks. Gearbeitet wird traditionell von Hand an der Drehbank – oder mit modernen CNC-Automaten.

 

Bundesinnungsmeister Walter Hoppe (Hannover) sieht in der Auszeichnung die Bemühungen

vieler Jahre belohnt, das Drechslerhandwerk und seinen Bundesverband zu erhalten.

Er will sie als Argumentationshilfe nutzen, um die politischen Gremien davon zu überzeugen, eine „Rückvermeisterung“ zu beschließen – also den Meisterbrief wieder zur Voraussetzung für die Selbstständigkeit zu machen. Denn nur so sei es möglich, der Aufgabe, die durch die Aufnahme entstanden ist, gerecht zu werden. Die Politik dürfe in Zukunft jedenfalls keine „leichtfertigen und unüberlegten Entscheidungen“ mehr treffen, die das Drechslerhandwerk gefährden könnten.

 

BUs:

 

Übungen am Anfang der Lehrzeit: Das Schlichten mit dem Meißel erfordert einige Übung. Es lassen sich mit dieser Technik sehr glatte Oberflächen mit einer guten Linienführung drehen.

 

Sonderanfertigung: Drehen ist keine Angelegenheit der Kraft, sondern der Technik.

 

Für ein schönes Aussehen gedrehter Schachfiguren ist die richtige Oberflächenbehandlung entscheidend.

 

Fotos: PR


[ Link zur UNESCO-Seite ]

Drechsler-Kulturerbe
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